Lieder in BildernLiederzyklus für Sopran und Harfe

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Die Lieder in Bildern sind eine Ode an die Schönheit, Schönheit, wie sie sich in der Kunst, in der Ästhetik von Philosophie und Religion, in der Erhabenheit der Natur spiegelt. Der schwebend-ätherische Ton der Harfe verbindet sich mit dem reinen, hellen Klang der Sopranstimme, bringt Schönheit zum Resonieren, gießt Metaphern in konkret erlebbare Bilder und Düfte in Klang.

Zwei Musikerinnen nach einer Aufführung von „Lieder in Bildern“. Beide halten Blumen in der Hand. Rechts ist ein Teil einer Harfe zu sehen. Im Hintergrund stehen großformatige Gemälde von Ernst-Martin Heel

Hauptthema des Zyklus, ein Zyklus von großer emotionaler Wucht, existentielle, philosophische und damit verbunden naturbezogene Inhalte berührend, Hauptthema ist das ‚Wandern‘, und so wird er vielfach als jüngere Schwester der Winterreise Müllers und Schuberts wahrgenommen.

„Ein fast magisches Erlebnis.“

Kölner Stadt-Anzeiger

Die ‚Bilder‘ der Gedichte also, entstammen der Mythologie, den Psalmen, dem Buch Ijob, vornehmlich jedoch Natureindrücken – Licht- und Wasserspiel, Geräusche, süßlicher Geruch der Verwesung, Stimmungen und Farben der Tageszeiten –, wie ich sie auf ausgedehnten Wanderungen gesammelt habe, und so verdichten die Lieder ein ganzes Leben zu zwei Tagen – Tage des Wanderns, Staunens, Riechens, des Meditierens über Zeit und Endlichkeit, auch des Alp-Träumens.

„Ein Stück voller lyrischer, sphärischer und spiritueller Klänge.“

„Taravana“, ein abstraktes Bild von Ernst-Martin Heel, gemalt mit Öl auf Leinland. Das Bild wird dominiert von grüner Farbe, die nach unten zu fließen scheint, im Hintergrund eine kreisförmige Struktur in intensiven Rottönen. Im Vordergrund wolkenartige Strukturen.
Ernst-Martin Heel, Taravana

Die expressiven, großformatigen Gemälde Ernst-Martin Heels wechselwirken auf faszinierende Weise mit den Liedern, Abstraktes wird hier nunmehr konkret. So zeigt sich die nackte Nymphe (3. Naturode) oder die Morgenröte in der 7., der Vogel der 8. Naturode, pralle Früchte werden sichtbar, das Gähnen der Höhle, die visualisierte Zeit (Diotima) und die schließliche Auflösung. Der Betrachter mag andere Assoziationen finden. Aus Malerei, Text und Musik entsteht ein all-sinnlich erlebbares Werk.

Ungleich des Wanderers der Winterreise Müllers und Schuberts wird der Weg hier nicht erduldet, erlitten. Es ist ein bewusstes Erleben und Erstaunen der Poesie, der Schönheit der Natur.

Endet auch dieser Weg im Eis, in der Kälte, bleibt die Auflösung – Erlangen.

Interessierten Veranstaltern steht eine Projektseite zu den Liedern in Bildern zur Verfügung.

Rückansicht einer Person, die Gemälde von Ernst-Martin Heel nach einem Konzert fotografiert. Im Hintergrund ist auch die Harfe der Aufführung zu sehen.

Libretto

1. Naturode

Offen die Kammern
Und blasse
Rosenfinger malen
Rot die weite
Schale die
Vom Horizont
Mir zu sich bläut

Fliege
Schnepper
Flieg
Genhin das hohe
Blau
Bläue
Blauer dich dem
Himmel zu
Steig höher
Höher noch
So wirst du
Unsichtbar
Blass der blaue
Abendstern zu
Tage

Auf Grün flach
Sich aut
Sich aut
Am Quell
Das Dall
Dem dess Hirte
Selbst die Weid
– Der Hirte ist die Weide –
Und
Süßer noch als
Zedernduft
Der Tod weht
Ein Wild

Kranker Fuß im lichten
Schattenspiel des Glücks
Dort
Am Zederbaume
Mir
In unverklärter
Physis schwimmend
Füllt warm der Atemsaft ein
Zaudertraume

Es webt
Sobbt
Dräut

Es träumt mir
Es weint mich

Blaue Stunde
Kranichzug

Gott
Ist das schön!

2. Naturode

– Horch! Es singt so schön –

Linkshin
Die Höhle
Gähnt
Gähnt sie
Die Höhle
Linkshin
Gähnt sie
Offenhohl

Hilfe
Schon schluckt sie schwarz
Den Tau

3. Naturode

– Schweift der Blick –

„Fjadafa!“
Hindrüben
Die Nymphe
Am Bach
Wie Pfauen der glänzt
Ihm singt sie leise
Wellwalleweise
Hin zur Nacht
Die kommen nicht mag
So lang sie auch ruft
Schon fällt sie sacht
Der Tag auch nicht weicht
In Baches phallischen Schlaf
„Hab Acht!“
„Hab Acht!“
So’s Unheil hinschleicht
Darunten der Schlucht

„Hab Acht!“
„Hab Acht!“

4. Naturode – Verwünschung

Gesprochen. Mit großer Ruhe vorzutragen.

Nacht nun ist

*

Mit großer Heftigkeit vorzutragen. Ein Fluch.

Schattenschleier über Ätherblau
Verhüllt die Tiefen
Dunkle Decken
Und kranke Lider
Leere Höhlen

An Weberbaum
An Weberbaum
Schwarze Stute führt den Stuhl
Verwebt
Zum Eigentum der Dunkelheit
Die Wirklichkeit
Dies neide die Arachne

Gelte nicht
Behuf
Befind
Schlage Hind
Den Huf
Ins Aug
Und Fäll das Kind
Und Fallet
Bär
Orion
Siebenstern
Ostwind blase mächtig auf
Hallet
Hallet
Bahnenlauf
Und steig
Der Fliegen Herr

*

Mit großer Ruhe vorzutragen wie zuvor.

Falscher Färber spannt
Den Bogen fahl ins Grau
Und zersetzt der Hinde
– Saug –
Wolkenmilch geronnener Erinnerung

5. Naturode

– Die Nacht deckt finsterlich –

Sacht
Forscht
Schlafend sich
Der Geist
Angstpochend
Liegt
Das Herz
Schaumerwacht

6. Naturode – Betrachtung

Gesprochen.

Seele
Atme Welt

Heraußen
Schlafliegend ich wandle
Mir auf
Mich durch
Und quellend fließt es mich durch mein
Es riecht die Luft mich
Felsstehend ich warte
Und bin

Schau ich in mich selbst zurück
Blüht der Frühling in mir Blumen
Und Vögel ziehen nach den Wolken
Und in mir wächst
Ein Großer sprach’s*)
Der Baum

Seele
Atme Dich
Und schweig die Welt

Schmecke Erkenntnis
Geist
Ich Ich-Natur

Welt Ich – Ich-Welt – Ich Welt – Welt-Ich

Doch

Was ist

Du

*) Das Zitat „und in mir wächst der Baum“ entstammt Rainer Maria Rilkes Gedicht „Es winkt zu Fühlung fast aus allen Dingen“.

7. Naturode

Erwache
Erwache
Du Hinde Morgenröte
Zur Prälle nähr
In satten Saum
Den Tag

Erwache
Hinde
Steig auf
Entsteig den Huf
Des Auges Schlafeshöhle

Erwache
Erwache
Hinde
Steige auf

Und walle Bogen
Friede weite Welten
Neu singe sie
Der Morgenstern
Berühr die Welt
Zur Farbe

8. Naturode

Fliege
Schnepper
Flieg
Genhin das hohe
Blau
Bläue
Blauer dich dem
Himmel zu
Schon bist du unsichtbar!

9. Naturode

„Trink!“
Weht der Wind leisen Ton
„Trink!“
Wasser dem
Hirschen hinruft

Es ist dies die Zeit Fülle
Fällt volle Frucht
Ährt weit die Welt
Doch klageblüht der Rosenstock dem Schnitter zu

„Trinke!“
Und wieder wider-es-tönt
Schon ragt Ruhe erste Gipfel
Der Gipfel tiefe Höh

Dein Rühren macht sie
Rauchen

Und schaudernd ich schaue ich staune
Träumend kaum weint es mir
          Bin Baum
          Bin Wald
          Bin Erde
Nur eine letzte Träne dir
Füllt warm der Atemsaft

10. Naturode

– Sie trocknete mir –

Fernhin
Zur Höh gerafft
Fernhin
Zur Ruh geschafft
Fliehender Kraft
Weitab der Schlucht
Ferner der Höhle
Der Weide
Zur Ruh geschafft
Ruht mir
Ruht mich
          Zur Nacht
          Zur Nacht
          Zu Schlaf
          Ein Schlaf
          Einschlaf
Und gelber Atem
Friert es Träne, Träume, Saft

11. Naturode – Betrachtung

Gesprochen.

Was ist
War immer schon
Und was wird
Ist schon geschehen

Denn die Zeit ist …

Freuds fliehen mir die Stunden
Einrichtungs statisch sich erfließend
Aggregate waberfester Subjektivität

Kräfte formbeugen Absolute dich
Raumartig
Und
Raumreisend
Werde selbst ich mir
Verhältnismäßig

Strahldrehend
Lacht jung die Jugend
Doch fällt ich mich
Wer fällte mich

Denn nicht war was war
Doch wahr was war
Ein Heute sanft kausierend
          Den Kopf!
          Den Kopf!
Und was wird
          Ich lebe!
Übersteigt des Gestern
          Ich lebe?
Entropie

Was bist Du?
Bist Du?

… ein Geschöpf des Vaters

12. Naturode

Zur Ewigkeit weint mich die Welt
Doch wob der Elch den Traum
Des Hirschen Wasser blüht Kristall
Und parsifalgetroffen fällt der Schwan
Und singt
Gott
Ist das schön!

Liedtexte: Markus Schönewolf